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Das frühe Blütenglück

Gärtnern ist immer eine Investition in die Zukunft. Manchmal kann die angestrebte Ernte – egal ob als essbarer Ertrag oder als Blütenpracht – schon wenige Wochen nach dem Pflanzen eingefahren werden, manchmal dauert es etwas länger. Wer jetzt vorsorgt, wird in einem halben Jahr mit einem Blütenfeuerwerk belohnt.

Es ist nicht ganz einfach, sich in der botanischen Üppigkeit des Spätsommers gedanklich in die Kargheit des Vorfrühlings hineinzuversetzen. Probieren wir es trotzdem! Das Gras ist noch braun, die Bise pfeift bissig – und das erste zarte Grün löst Glücksgefühle vom Feinsten aus. Und genau für diese Glücksgefühle können wir jetzt schon vorsorgen, indem wir Frühjahrsblüher pflanzen. Da lässt sich einerseits auf die klassischen Zwiebelpflanzen wie Schneeglöckchen, Tulpen und Narzissen zurückgreifen, die noch vor Ende Oktober gesteckt werden. Andererseits sind da die Frühjahrsblüher, die über Samen vermehrt und jetzt als Setzlinge gepflanzt werden. Sie gerieten etwas in Vergessenheit: Stiefmütterchen, Goldlack, Vergissmeinnicht und Gänseblümchen.

Wenn Gänseblümchen wie die ‘Monstrosa Monterosa’ mit der Wildart verkreuzen, kann das typische Sortenbild innert weniger Generationen verschwinden.
Weiterentwicklung der Wildform

Ja, Gänseblümchen! Sie sind als Wildform schon hübsch. Und es gibt Weiterentwicklungen, die deutlich üppigere Blüten in Schattierungen von weiss über rosa bis pink und rot ausbilden. Die Bellis, wie die Gänseblümchen in Gartenkreisen in Anlehnung an ihren lateinischen Namen Bellis perennis genannt werden, sind mehrjährig und können auch versamen. Aber Achtung: Wilde Gänseblümchen wachsen fast überall! Wer also das Saatgut der Sorten ernten möchte, um sich im Folgejahr wiederum über Pflanzen mit derselben Farbenpracht und Üppigkeit zu freuen, sollte sie isoliert von ihren wilden Vorfahren vermehren. Aber auch dann muss sorgfältig selektioniert und in grossen Beständen vermehrt werden, damit das Sortenbild erhalten werden kann.

Namensvielfalt zeugt von Beliebtheit

Eine grosse Sortenvielfalt gibt es auch bei den Garten-Stiefmütterchen – nicht zuletzt dank Rudolf Roggli, ehemaliger Inhaber der Züchterfirma Roggli in Hilterfingen/BE. Seine Gärtnerei hat in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zahlreiche Violasorten mit grossen Blüten in wunderbar kräftigen Farben gezüchtet. Dass sie aus dem Berner Oberland stammen, verraten ihre Namen: die dunkelblaue ‘Thunersee’, der klassisch gelb-schwarze ‘Eiger’ oder die pinke ‘Blüemlisalp’ sind nur drei der Roggli-Sorten, die heute in der Obhut von ProSpecieRara sind. Viola und Stiefmütterchen sind auch als Dänkeli oder Pensée bekannt. Die regional unterschiedlichen Namen, die für ein und dieselbe Blume noch immer gebräuchlich sind, zeugen davon, welchen Stellenwert sie zumindest in der Vergangenheit hatte. Dass sie oft auf Gräber gepflanzt werden, zeigt sich im «Dänkeli», bzw. der französischen Version «pensée», die sich wohl von «Gedenken» ableiten. Das «Stiefmütterchen» hingegen, so erzählt man sich, gehe auf das grosse, unterste Blütenblatt zurück, welches ihre danebenstehenden «Töchter» leicht überdeckt, welche wiederum die beiden «Stieftöchter» zuoberst überdecken. Se non è vero, è ben trovato …  

Stiefmütterchen wie die ‘Blüemlisalp’ werden im Oktober gepflanzt. Manchmal blühen sie bereits dann, spätestens aber ab März.
Üppig in den Frühling

Schon im Barock pflanzte man in sogenannten Teppichbeeten Gänseblümchen und Stiefmütterchen klassischerweise zusammen mit Goldlack und Vergissmeinnicht zwischen die Zwiebelpflanzen. Dies garantiert – ganz zur epochentypischen Üppigkeit passend – prachtvolle Frühlingsanblicke. Wem die barocke Fülle nicht Grund genug ist, um zur Gartenschaufel zu greifen, den überzeugt vielleicht die Tatsache, dass insbesondere Goldlack und Vergissmeinnicht auch wertvolle Nahrung für früh fliegende Insekten liefern.

Stiefmütterchen gehören traditionellerweise zum barocken Frühjahrsflor, wie er im Erlacherhof in Bern angepflanzt wird.

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