Diese vier grossen sind: Bayer (23%), Corteva Agriscience (17%), ChemChina/Syngenta (7%) und BASF (4%). Bezeichnenderweise führen diese vier Multis auch die Liste der grössten Pestizidverkäufer an. Aber blicken wir erstmal in die Vergangenheit:
Die Vielfalt unserer Nutzpflanzensorten ist über viele Jahrhunderte oder gar Jahrtausende in bäuerlicher Obhut entstanden. Ab dem 19. Jahrhundert wurde die Zucht professionalisiert, es entstanden renommierte Züchterhäuser und Samenhändler und entsprechend viele neue Sorten. Wurden bis anhin neue Sorten nur durch Kreuzung und Selektion geschaffen, hielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Hybridzüchtung Einzug und bald darauf wurden auch die ersten Versuche mit gentechnischen Verfahren unternommen.
Patente sind Vielfalts-Killer
Nach dem zweiten Weltkrieg übten Pflanzenzüchterverbände Druck auf die Politik aus, worauf in den 1960er-Jahren von westeuropäischen Staaten die UPOV (International Union fort he Protection of New Varieties of Plants) gegründet wurde. In diesem Gremium werden seither die gemeinsamen Grundregeln für den Sortenschutz, also das Eigentumsrecht des Züchters oder der Züchterin an seiner oder ihrer Sorte festgelegt. Die mit Sortenschutz geschützten Sorten bleiben für die Weiterzucht in der Regel frei verfügbar, der Nachbau, Tausch oder Verkauf von Saatgut durch Landwirt:innen wird aber stark eingeschränkt. Züchter:innen dürfe also ausgehend von einer Sorte mit Sortenschutz neue Sorten züchten und diese auch als eigene Sorte schützen lassen – sofern sich die neuen Sorten eindeutig von der Ursprungssorte unterscheiden.
Problematischer für Züchter:innen sind Patente auf Pflanzen, die in Europa seit rund 20 Jahren vermehrt auch auf konventionell gezüchtete Pflanzen und ihre Eigenschaften erteilt werden. Diese Praxis verwehrt den Zuchtbetrieben den freien Zugang zum patentierten Ausgangsmaterial für ihre Züchtung und schränkt somit auch die Innovation ein. Dies nicht nur, weil die patentierten Sorten nicht – oder nur nach Bezahlung von Lizenzgebühren – als Ausgangsmaterial für neue Züchtungen verwendet werden können, sondern weil auch in normal verfügbaren Sorten Eigenschaften vorhanden sein können, die patentiert sind. Will ein Unternehmen nun nach jahrelanger Zuchtarbeit eine Sorte auf den Markt bringen und es wird festgestellt, dass sie unwissentlich ein Patent verletzt, war der ganze Aufwand umsonst. Insbesondere für kleine und mittlere Zuchtbetriebe erhöht sich somit der Aufwand für rechtliche Abklärungen und die Risiken von Patentverletzungen auf extreme Weise, was zu einem Wettbewerbsnachteil führt. Entsprechend schwindet die Sortenvielfalt, weil die finanzstarken Saatgutmultis nur züchten, was besonders viel Gewinn verspricht.
Es geht um viel Geld
Sorten zu entwickeln wurde durch Patente und die Entwicklung der Gentechnik dermassen lukrativ, dass sich seit den 1980er-Jahren grosse Chemiefirmen in den Saatgutmarkt einkauften. Sie begannen unter anderem Sorten zu entwickeln, die sie in Kombination mit den passenden Herbiziden verkaufen. Seither beobachten wir die eingangs erwähnte Konzentration auf dem Saatgutmarkt. Besonders gross ist in Europa die Konzentration beim Gemüsesaatgut, wo fünf Firmen 95% des Marktes kontrollieren. Für den Kunden ist im Laden nicht ersichtlich, welche Firmen das angebotene Gemüse gezüchtet haben.
Hoffnung aus dem ökologischen Landbau
Schon in den 1970er-Jahren begannen jedoch Züchter:innen aus dem ökologischen Landbau, sich für eine andere Pflanzenzüchtung einzusetzen. Ihre Zuchtziele sind auf eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen ausgerichtet. Auf den technischen Eingriff in das Erbgut der Pflanze wird verzichtet und es werden nachbaufähige Sorten (d.h. keine Hybriden) entwickelt, um den Anbauer:innen die Möglichkeit zu lassen, ihr eigenes Saatgut zu produzieren oder die Sorte gar weiterzuentwickeln.
In der Schweiz sind das: Sativa Rheinau AG, Semences de Pays, Artha Samen, Zollinger Bio, Getreidezüchtung Peter Kunz und varietas.
Sortenvielfalt verschwindet
Betritt man die Gemüseabteilung eines Detailhändlers, erscheint die Vielfalt riesig. Diese ist aber trügerisch. Denn sie ist weltweit ungefähr ähnlich und variiert auch kaum im Jahresverlauf. Noch vor wenigen Jahrzehnten hatte fast jedes Tal seine eigenen Kartoffel- oder Bohnensorten und die Auslage präsentierte sich im Sommer deutlich anders als im Winter. Weltweit wird im grossen Stil fast nur noch gezüchtet, angebaut und gehandelt, was möglichst viel Gewinn verspricht. Die Sortenvielfalt schwindet.