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Vom Grundnahrungsmittel zum Bastelobjekt

Sie können mehr als mit Sternen und Herzen verziert hübsch leuchten. Die Rede ist von Herbsträben. Mit neuen Züchtungen aus alten Sorten will ProSpecieRara ihnen einen zweiten Frühling verschaffen.

«Ich gang mit miner Laterne…» ... dieses Kinderlied singend und stolz mit meinem selber geschnitzten Räbeliechtli spazierend, bin ich zum ersten Mal mit Herbsträben in Berührung gekommen. Der Räbeliechtliumzug jeweils im November gehört bei uns im Aargau noch immer zu den Höhepunkten im Kindergartenjahr. Meist ist dies aber auch der einzige Moment, wo Kinder und deren Eltern überhaupt Herbsträben nutzen. Denn als Grundnahrungsmittel hat die Herbsträbe – man spricht heute auch von Speiserüben – schon lange ausgedient. Wer früher viele Räben ernten konnte, musste im Winter nicht hungern. Zum Haltbarmachen wurden sie eingesäuert. Der Räbeliechtliumzug war vermutlich einst eine Art Erntedankfest.

Dass einem die Lust auf Räbe vergeht, wenn man die Rüstabfälle des Räbeliechtlis isst, ist jedoch verständlich. Für den Verzehr wurden sie zu gross geerntet. Zudem schmecken nicht alle Räbensorten gleich und während beim Räbeliechtli Grösse und möglichst viel violetter Schalenanteil entscheidend sind, zählen in der Küche andere Faktoren. Herbsträben haben aber durchaus einiges zu bieten, wie eine von ProSpecieRara organisierte Degustation schon vor einigen Jahren zeigte. Dabei verköstigten Köch:innen verschiedene unterschiedlich zubereitete Herbsträbensorten. Die Degustation offenbarte einige erstaunlich aromatische und schmackhafte Varianten. Ebenfalls wurde klar, dass der Erntezeitpunkt entscheidend für die Konsistenz ist. Zartschmelzend sind sie nur im jungen Stadium.

Die züchterische Bearbeitung legte besonders auf gute Geschmackseigenschaften wert, um die alte Kulturart aus ihrem Mauerblümchen-Dasein zu befreien und sie zum Beispiel der Gastronomie schmackhaft zu machen.

Aus Alt mach Neu

ProSpecieRara nahm diese Erkenntnis zum Anlass, zusammen mit Sativa Rheinau aus den geschmackvollen alten Herbsträbensorten neue Sorten zu züchten, die besser mit den heutigen Bedingungen im Bioanbau zurechtkommen. Es wurde definiert, dass eine gute Herbsträbe eine gute Süsse und Würze haben und weder allzu «kohlig» noch bitter schmecken soll. Darauf haben wir bei der Neuzüchtung Wert gelegt.

Als Ausgangslage wurden verschiedene alte violette bzw. weisse Herbsträbensorten miteinander angebaut und blühen lassen. So kam es zu neuen Kreuzungen. Das so gewonnene Saatgut wurde wieder ausgesät und die daraus gewachsenen Räben wurden über mehrere Jahre immer wieder selektioniert, bis die Resultate überzeugten. Herausgekommen sind eine violett-weisse Sorte mit ovaler bis runder Form, deren buttrig-zartes Fleisch am besten frisch gegessen oder gekocht wird, und eine weissschalige, hochrunde zum Einsäuern.  Die beiden neuen Sorten sind ab kommendem Jahr bei Sativa Rheinau erhältlich.

Herbsträben anbauen

Ausgesät werden Herbsträben spätestens Ende Juli. Da dann der Schädlingsdruck in Form von Erdflöhen und Kohlfliegen meist hoch ist – vor allem, wenn in der Nähe Rapsfelder standen – empfiehlt es sich, sie möglichst bald mit einem Insektenschutznetz zu überspannen. Im Herbst können sie nach und nach geerntet werden – die ersten zarten zum Essen und die schönsten lässt man stehen und kann sie als Räbeliechtli verwenden.

Gekonnt zubereiten

Ich persönlich mag die Herbsträben am liebsten in 5-10 mm dicke Scheiben geschnitten und in der Pfanne gebraten. Oder in Form von Schnitzen im Ofen als Ofengemüse heiss gegrillt. So entwickeln sie dank der caramelisierenden Süsse sehr schmackhafte Röstaromen.

Wenn auch heute die Räbeliechtli mehr und mehr durch Halloweenkürbisse oder Laternen mit LED-Beleuchtung ersetzt werden, so hoffen wir, mit unseren neuen Sorten die Herbsträben zumindest kulinarisch wieder Aufschwung verleihen zu können.

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